Sonntag, 23. Dezember 2018

Grundrechte gelten nicht nur für Arbeitslose, sondern auch für Arbeitsvermittler

Grundrechte gelten nämlich FÜR ALLE.
 
...in Weltanschauungen wie meiner, auf dem Papier... in vielen Gedanken und persönlichen Handlungsleitlinien...

aber ist das Prinzip schon in die Realität umgesetzt?

Es wird z.B. von vielen Seiten der Grundrechtsbruch einer repressiven Sozialstaatspolitik (Jobcenter und SANKTIONEN) bemängelt - doch was erleben Arbeitsvermittler und andere Verwaltungsfachleute, die eben mitunter jene Dinge (auf Anweisung) tun (müssen?)?

Gern möge sich hier oder anderswo - als Teil eines jeden "konstruktiven Gespräches" (an den Orten des Geschehens oder an den Orten der "Einladungen") eine Diskussion dazu entfalten!

Was charakterisiert "Grundrechtsbrüche"? Treten die im Deutschen Sozialsystem auf? Strukturell verankert (als Gesetz oder Anweisung), oder könnten sowas nur Einzelpersonen begehen? Haben Sie/habt Ihr schon einmal Grundrechtsbrüche erlebt? Wer oder was hat es Eurer Einschätzung nach verursacht? Wie ging es Ihnen/Euch dabei? Wie habt Ihr Ausgleich gefunden?

Ich sage ja, dass Hartz IV selber und die dahinterliegende Denke, die den Arbeits Ausbeutungsmarkt charakterisiert, das Verbrechen ist! Und uns ggf. erst dazu bringt, Konflikte mit (unlauteren) Mitteln auszutragen - Menschen, die sich sonst nie etwas böses gesagt oder getan hätten, werden dadurch zu "Feinden".

Aber das ist halt "meine Meinung" und muss nicht von anderen so empfunden werden.


Übrigens: Am 15. oder 16. Januar 2018 soll über die Hartz-IV-Sanktionsthematik im Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt werden.


*die Überschrift ist frei nach dem Zitat (m)eines Arbeitsvermittlers, welcher sich folgenden "Spaß" erlaubt hatte (= Beweis für ein grandioses Scheitern von Eingliederungszwangsstrategien des Jobcenters).



Er meinte, nicht nur ich solle mich (hinsichtlich meiner Ablehnung seiner "Eingliederungsambitionen") auf die Grundrechte berufen, er könne das ebenfalls. Das bezog der Mann mit dem guten Benehmen aber nicht auf seine eigenen Menschenrechte und Grundrechte und wie die ganz konkret untergraben würden, sondern auf sich als Teil einer hypothetischen anonymen "Allgemeinheit", in deren Sinne es sei, mich gegen meinen Willen auf einen andere (berufliche) Bahn zu lenken.

Es sollte offenbar ein "Kompromiss" gefunden werden, bei dem ich eine Gegenleistung zur Aufrechterhaltung meiner Grundrechte erbringen sollte- es erschien dadurch der Eindruck, anderer Leute Grundrechte würden in Konkurrenz zu denen eines/r (nicht unterwürfigen oder nicht anpassungswilligen) Hartz-IV-Betroffenen stehen!



weitere Fragen:

In wie weit bedroht das "Beanspruchen von (verbrieften) (Grund)Rechten" die Grundrechte eines anderen Menschen?

Nun, wer ist "Grundrechtsträger*in" und wer "den Grundrechten verpflichtet"?

Als MENSCHEN sind Arbeitsvermittler ebenso grundrechte"fähig" bzw. "grundrechtstragend" wie andere (z.B. "Erwerbslose") - als "Ausführende von Behördenrollen" sind sie aber offiziell im DIENST dieser Rechte ihres Gegenübers.

Greift einE ErwerbsloseR oder Geringverdiener*in einen Arbeitsvermittler nicht unmittelbar in seinem GRUNDRECHT an, besteht für diese kein Grund zur Verteidigung und auch kein Anlass, im Zuge eines "Notwehr"konfliktes, die Grundrechte eines Mitmenschen (fahrlässig) zu verletzen. Doch was ist Grundrechteverletzung?

Kann man aus Eurer/Ihrer Sicht den "Entzug von Arbeitskraft" oder die "Verweigerung von Gehorsam" dem "Entzug des Zugangs zu existenzsichernden Ressourcen" (etwa durch ALG-II-Geld) gleich bewerten?



Hinweise:

Was sind Grundrechte? Eine Idee dazu wurde schon hier verschriftlicht:

https://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte

oder hier:

https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01/245122



Sehr oft kommt es zu Grundrechtsverstößen - und das eben nicht nur in Kriegen, oder den in einer Gesellschaft "strafbaren Verbrechen", nicht nur durch "Übergriffe gegen Verwaltungsfachkräfte" aus heiterem Himmel, sondern eben durch die sog. "Strukturelle Gewalt" überall auf der Welt - durch Gesetze, die sich aufschwingen andere Gesetze zu brechen, zu umgehen... zu neutralisieren.

"R(a)echt" und "Gesetz" sind aber auch Mittel, effektiv Grundrechte zu brechen, wenn sie über Menschen herrschen - wenn sie als Korsette dem freien Individuum oder dem gruppenhaften mit Orientierungsschwierigkeiten übergeholfen werden, statt nur ihren (unter)stützenden Charakter als DIENER der freien Menschen zu entfalten.

Gesetze könnte und kann man aber auch bemühen, um Grundrechte als "Bedürfnisse" von allen Menschen durchzusetzen. Dazu ist wichtig, ein RANKING der Gesetze zu kennen und sein eigenes Handeln aber auch "Behandelt werden" fortwährend zu reflektieren und ggf. anzupassen.

Von "Natur aus" haben wir alle irgendwelche BEDÜRFNISSE und es gibt kein NATUR-Gesetz (außer dem "des Stärkeren, Geschickteren...) , dass uns verbietet, diese zu befriedigen mit den Mitteln, die realitäer zur Verfügung stehen - erst Verabredungen, Spielregeln und ggf. Apparate, diese notfalls mit Zwang durchzusetzen, brauchen den "freiwilligen Entschluss" von Menschen, sie einzuhalten. Das kann aus Weisheit oder Gefahrenabwägung, aus Streit- oder Herrschlust passieren - oder einfach aus Experimentierfreude.

Das dogmatische Umsetzen von Gesetzen, "weil sie Gesetz sind" und dabei die unmittelbare Verbindung von "Deutungshoheit" und "Rechtskonformismus" kann als "Rechtspositivismus" bezeichnet werden. Beispiel: eine Ampel soll den Verkehr regeln. Wer sie nicht beachtet, kann bestraft werden. Wird er bestraft im Falle eines Unfalls, weil er ein Warnsignal missachtet hat, orientiert sich das Recht am "natürlichen Recht" - dem Leben und der Unversehrtheit bestimmter Verkehrsteilnehmer. Wird man bestraft, weil man nachts ohne Gegenverkehr eine rote Ampel (bewusst) missachtet hat, ist das ein Zeichen von "Rechtspositivismus" - eine Art "Straflust". Es wird dem "Gesetz" eine Art "Eigenleben" gegeben, es hat ein "Recht beachtet zu werden", auch wenn es faktisch nicht nötig ist, seinen Zweck verfehlt oder gar anderen Rechten zuwiderläuft.

Aussagen von Weisungs- oder Befehlsempfangenden "ich mache nur meinen Job"/"erledige meine Pflicht" müssen nicht von innerer Überzeugheit getragen sein, sondern dürcken ein Herrschaftsverhältnis aus (auch wenn man das freiwillig einstmals für sich erwählt zu haben meint). In diesem Verhalten wird die eigene Meinung oder Moral verschleiert oder wirklich gelöscht - Verantwortung für seine eigenen Taten abgegeben an ein Abstraktum oder den/die direkte VorgesetzteN.

Arbeitsvermittelnde, Leistungssachbearbeitende und Teamleiter*innen von Jobcentern sagen mitunter:

"Ich mache nur das, was im Gesetz steht. Solange die Sanktionsparagraphen existieren, werden die hier bei mir/uns angewandt. Wenn der Gesetzgeber etwas anderes sagt, werden wir das abändern."

Bei alledem wird oft ausgeblendet, welch breites Spektrum an Ermessen tatsächlich vorhanden ist und dass es vor allem auf die persönliche Deutung und "Einstufung" eines Ereignisses ankommt, das im Jobcenter hinsichtlich Leistungskürzung zunächst bewertet werden muss.

"Wohnt der Partner einer Leistungsbezieherin bei ihr", wird von einer Bedarfsgemeinschaft (= fremddeklarierte Haftungsgemeinschaft mit unterstellter "Zwangshilfspflicht" sobald einer etwas mehr Geld verdient) ausgegangen - doch die Definition, was "Partner" ist, was dagegen Besuch, Mitmensch, Sexualkontakt, Bekannter (welcher in keiner Unterhaltsverpflichtung steht), hängt unmittelbar von der AUSLEGUNG der entsprechenden Jobcentermitarbeiter*innen ab.

Ebenso verhält sich das mit der Feststellung, ob eine "Pflichtverletzung" vorgelegen hat oder bei der Anerkennung von "wichtigen Gründen".

Hat jemand keine Bewerbungen geschrieben? Ja wurden ihm denn die Bewerbungskosten VORAB bewilligt? Kann eine bestimmte Formulierung im Bewerbungsschreiben einer Nichtbewerbung gleichgesetzt werden? Oder ist schon das Sichten solcher Briefe (ich sag nur Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) ein unzulässiger Akt und Erkenntnisse daraus automatisch "unverwertbar"? War eine Maßnahme gemäß der eigens im SGB-II dafür vorgesehenen Formalitäten rechtmäßig und geeignet? Oder sind Mittel, die Menschen in Angst und Gegenwehr versetzen, schon deswegen "ungeeignet" für das Ziel, sie "in Arbeit zu bringen"?

Eine andere Mitarbeiterin offenbarte derartiges Vorgehen: "ich steuere durch meine Erkenntnisse im persönlichen Kontakt die Richtung, in die die Zusammenarbeit geht. Kommt jemand höflich und überzeugend rüber, frage ich gar nicht näher nach und glaube was er sagt - ich muss dann nichts bewiesen bekommen und kann folglich auch gar nicht Sanktionen verhängen. Ich habe aber in jedem Fall Möglichkeiten, näher nachzufragen und um so genauer ich frage, um so größer die Wahrscheinlichkeit, etwas zu finden, was ich dann gegen den Betroffenen verwenden muss."

Wann immer die Frage lautet: "War der Fuß schon über der weißen Linie oder noch davor", wird nicht mehr über die Zulässigkeit dieser Frage und der daraus folgenden (ggf. kriminalisierungenden oder sanktionsträchtigen) Wirkung gesprochen, sondern lediglich das Gesetz bemüht, um eine Strafe formalgerecht zu verhängen. Wie unklar das aber ist und wie uneins sich auch Juristen sind, zeigen die vielen Klagen gegen Hartz IV-Bescheide und Sanktionen - so einfach und eindeutig, wie mancher behauptet, kann dann das Sanktionieren nicht sein. Sagt jemand "ich habe gar kein Ermessen" und kippt danach das Gericht seine Entscheidung, müsste dieser jemand offenbar juristisch nachgeschult werden. Kommt es zu "Grundsatzklagen", wird aber deren Zulässigkeit oft verneint. "Jeder Fall sei ein Einzelfall" und "natürlich müssen die Verwaltungsfachleute nach Ermessen entscheiden" - während noch die eigene Vermittlerin Stein und Bein behauptet hatte, es "gäbe gar keinen Ermessensspielraum" für sie...

Wenn es "klare Linien" durch Gesetze und Verordnungen geben soll, wieso wird sich dann um  Beantwortung von "präventiven" Fragen von Leistungsbeziehenden (oder auch anderswo in rechtlichen Fragen) "gedrückt"? Wieso wird dann das Feld der "Tretminen" oder "Gefahren" bewusst nicht beleuchtet?

Nun, es finden Menschen Wege durch diesen Dschungel - sie machen LEGAL was das SGB-II und andere Gesetze erlauben - sind also nicht durch diffuse oder unausgesprochene Ängste zu einem bestimmten Verhalten zu konditionieren.

Daher hört man auch oft "Moralargumente" statt rechtlicher klarer Interpretationen.

Ein Arbeitsvermittler sagt selten: wenn Sie diese oder jene Formulierung im Bewerbungsschreiben einfügen oder unterlassen, DANN lege ICH das in IHREM FALL als Sanktionsgrund aus! Dann würde seine Aussage dem Leistungsbeziehenden einen Spielraum geben, der ihm ermöglichen würde, kreative Alternativen mit der gleichen Wirkung zu finden um straffrei auszugehen. Kommt es doch einmal vor, dass ein Arbeitsvermittler dazu etwas sagt, nimmt er sich später, wenn man "kreativ anders" reagiert hat, sich ggf. den Freiraum, das als Fehler oder Verstoß zu melden - auch wenn er zuvor sich geweigert hat, konkrete Tabuworte oder "rote Ampeln" zu benennen.

So jemand kann auch selten genau die Weisungen oder Gesetze (inkl. einer anfechtbaren persönlichen Auslegung) vorlegen, sondern behauptet oft, dass das so üblich sei, so gehandhabt würde und für ihn "bindend" sei (und einen Stock tiefer oder in einer anderen Fallkonstellation ist das komplett anders). Faktisch werden dann für die "geschaffene Tatsache" im Nachhinein zur Rechtfertigung Urteile oder Gesetzestexte herangezogen und "ausgelegt" im eigenen Sinne - bei allen Konfliktbeteiligten. Die Möglichkeit, daran etwas allgemeingültiges festzumachen, ist oft nicht gegeben - sondern rangiert stets im jeweiligen Machtspiel oder einer "Strategie" zur Durchsetzung (nicht ausgesprochener) Ziele.



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