Hier veröffentliche ich einen Brief, den eine Grundsicherungsempfängerin, die aufgefordert wurde, ihre Wohnkosten zu senken (=Thema Zwangsumzüge) an ihr Grundsicherungsamt schickte.
Weiter unten weiteres zur Thematik Wohnung(ssuche) und Grundsicherungsleistungen...
"Sehr geehrte...
Ich hatte am vergangenen Samstag, +++++20 um elf Uhr einen Besichtigungstermin in der xxxxxstraße xx in xxxxxx.
Die Wohnung war 55 qm groß.
Der Preis entsprach der derzeitigen Entwicklung der Mietpreise in xxxx und Umgebung.
Es war bisher die einzige Wohnungsbesichtigung, zu der ich dieses Jahr eingeladen wurde, auf meine Anfrage hin.
Die Dame teilte mir mit, dass sie hochwertige Möbel nicht mitnehmen könne und dass ein Abstand zu zahlen sei.
Die
Höhe des Abstands nannte sie nicht und erwähnte, dass ich aufgrund meines
Einkommens dies wohl nicht zahlen könne. Das war es dann und ich suche
weiter regelmäßig.
Da
die Erhöhung des gesetzlich geregelten Mietsatzes für
Sozialhilfeempfänger, die ein Obdach benötigen, leider nicht in Relation
der Preisentwicklung auf dem Wohnungssmarkt steht, ist es in
Zukunft kaum möglich, eine Wohnung zu finden, die den gesetzlich
geregelten Vorgaben entspricht.
Dennoch bin ich sehr bemüht, eine neue, für die Gesetzgebung akzeptable, Wohnung zu finden.
Wie
die Baugenossenschaft xxxxxx mitteilte, ist meine Bewerbung für
eine Wohnung im ersten fertiggestellten Bauabschnitts der XXXXstrasse zur Kenntnis genommen worden, und ich bin auf der Liste
der Bewerber aufgenommen.
Leider habe man dort gar keinen Einfluss darauf, wer von den Bewerbern die Wohnungen zugeteilt bekommt.
So warte ich darauf, dass ein Wunder geschieht und ich ein neues Obdach finde.
Ein
neues Umfeld ist für mich genauso existenziell, wie für das Landratsamt
die Vorgaben des gesetzlichen Limits der Höhe der Mietkosten.
Ich
werde sie weiter informieren, sollte es zu einer Besichtigung gekommen
sein und suche sowohl im Internet als auch im Freundeskreis nach Wohnungen.
Leider
ist aber das Umfeld meines kleinen Freundeskreises sehr mit der
Einhaltung der für Sie Ihre Existenz sichernden Vorgaben des
Gesetzgebers beschäftigt, sodass hier wenig zielführende und hilfreiche
Interaktion stattfinden kann.
Ich
hoffe auf Ihr Verständnis, dass ich nicht regelmäßig eine
Wohnungsbesichtigung haben kann und dass ich mich nur bei Ihnen melden
werde, sollte es auch zu einer Besichtigung gekommen sein.
Derzeit ist es sehr ruhig auf dem Wohnungssmarkt und ich habe eine Anzeige im Internet eingestellt.
Es
stehen Wohnungen überall leer, auch ganze Häuser. Leider sind diese
Gebäude und Räume in Besitz von Menschen, die sie lediglich dann als
Freizeitobdach nutzen, wenn sie nicht dafür arbeiten gehen müssen, um
die für sie notwendigen gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen.
Aufgrund
einer Verletzung der rechten Hand durch den Herren, welcher wohl per
anonymen Anruf [mich wegen etwas anschiss],
bin ich derzeit in der Ergotherapie bei der Praxis xxx in xxxx in Behandlung, wo die Einschränkung der Funktion der rechten Hand therapiert wird. Hier ist ein Behandlungszeitraum von mindestens 6
Monaten veranschlagt worden und ich bitte darum, diesbezüglich
Verständnis zu haben, dass schreiben, tippen und andere Tätigkeiten mit
der rechten Hand und dem Arm, mir aufgrund der Schmerzhaftigkeit
vorgibt, dass ich alle Handlungen mit der rechten Hand einschränken muss.
Sodass ich mich nur per Mail melde, wenn ich wirklich auch konkrete
Angebote habe zur Besichtigung einer Wohnung.
Da
ich einen Pflegegrad 1 habe, der Grad 2 im Oktober 2019 beantragt wurde
und sich in den Händen des medizinischen Dienstes befindet zur
Entscheidung, bin ich auf der Suche nach einem Pflegedienst, der auch hauswirtschaflich Unterstützungen anbietet und vor allem auch die
Kapazität hierfür hat.
Leider bisher ohne Erfolg.
Ich
bitte Sie auch im Namen der Rechtsanwältin XXXX Akteneinsicht zu gewähren, was den scheinbar anonymen Versuch,
meine Existenzgrundlage in Frage zu stellen, betrifft.
Wie
ich ihre Bitte um die Senkung der Mietkosten sehr ernst nehme, ist für
mich die Senkung der Gefahr weiterer Eingriffe in die Würde meiner
Existenz durch Dritte notwendig und ich bitte hier um Mithilfe, dass die
Akteneinsicht zeitnah gewährt werden kann.
Freundlicher Gruß"
Hinweis: dieser Text enthält kleine Abwandlungen in Rechtschreibung und zwecks Anonymisierung durch die Blogbetreiberin...
Ferner erreichen mich oft Meldungen, dass Grundsicherungsempfänger*innen, Armutsrentner*innen und ALG-II-Betroffene sowie (geringverdienend) berufstätige Menschen sofern sie in der SCHUFA gelistet sind, bei der Wohnungssuche extrem benachteiligt werden.
Kürzlich sprach ein Mann bei einer Vermietergesellschaft vor. Er erntete nicht nur eine pauschalabsage ob seiner SCHUFA-Einträge, sondern auch noch Hohn und Spott, da er als Mittfünfziger bereits in Erwerbsunfähigkeitsrente sei. Für die Mitarbeiterin der Gesellschaft sei sowas undenkbar und man müsse härter durchgreifen - weder er noch die sich ebenfalls um die Wohnung bewerbende Schwerbehinderte würden in ihrem Weltbild Anspruch auf staatliche Unterstützung haben.
In einem anderen Fall bestand zwischen einem berenteten Grundsicherungsempfänger und seiner Leistungsstelle eine Unstimmigkeit hinsichtlich des Umzuges. Die Grundsicherungsdame sagte ihm:
"Sie haben niemanden zu versorgen, Ihnen ist die Obdachlosigkeit zuzumuten".
Weiteres angrenzende zur Thematik:
Im Zuge von geforderten Bewerbungen in anderen Städten
hat sich ein ALG-II-Bezieher bei den Arbeitgebern im
Vorstellungsgespräch öfter nach Wohnungen erkundigt, die billig sind.
Oder auch nach Unterkünften wie Zeltplätzen. Und ob er sich in der Firma
duschen könne... denn für eine Probezeit würde er nicht in die fremde
Stadt ziehen und auch längerfristig seine Wohnung behalten wollen in
seiner Heimat. Er bräuchte also eine Dienstwohnung. Ist diese nicht zu
bezahlen von dem Gehalt, muss ja wohl wenigstens ein Campingplatz
her....
Diese Wahrheiten spricht kaum jemand im
Rahmen einer Bewerbung aus, weil Hinweise auf Armut ggf. abschrecken
könnten oder Leute sich schämen. Dabei ist es auch für berufstätige sehr
schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Zudem fehlt ja bei einem
Vollzeitjob auch die Zeit, sich intensiv darum zu kümmern, so dass man
(kostenpflichtig) Dritte damit beauftragen muss. Dass man derweil
Freunde und Bekannte hat oder eine Pension bewohnt, sich also über
Gebühr für das Aufrechterhalten der kapitalistsichen Wirtschaftsordnung
aufopfert, wird zwar indirekt vorausgesetzt - kann aber nicht
"verpflichtend" sein. Niemandem ist abzuverlangen, privat kostenlos bei
Freunden unterzukommen, nur um sofort für einen Arbeitgeber parat zu
stehen. Vielleicht hat man gar keine in der fremden Stadt?
Der
Arbeitgeber, der solche Dienstbereitschaft erwartet, muss rundherum
selber alles absichern - also wenn er keine Dienstwohnung stellt, so
doch so hoch bezahlen, dass man rasch selber fündig wird.
Oft
errreichen diese Informationen ungeshcminkter Wahrheit aber weder den
Arbeitgeber noch die Jobcenter. Unter anderem auch, weil viele
ALG-II-Bezieher fürchten, dass ihnen das alles persönlich negativ
angelastet wird, wenn es mit dem Job nicht klappt. Diffuse Meldungen von
Arbeitgebern, die nicht den Inhalt genau spezifizieren, sondern
unterstellen, dass aus solchen Gesprächsinhalten "kein Interesse an
einer Arbeitsaufnahme bestünde", sind ja auch eine Gefahr, auch wenn
Mensch nichts falsches macht und korrekt und zielstrebig einfach nur
ermittelt, wie man in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber einen Job in
einer fremden Stadt antreten kann.
Am 29. und 30. Januar wird in Berlin für die Rechte von Wohnungslosen demonstriert.
Ein breites Bündnis von Initiativen fordert ein "Recht auf Wohnen" ins GG aufzunehmen.
Eine selber Betroffene veranstaltet eine eigene Mahnwache für Menschenrechte, zu welchen natürlich auch das Recht auf Wohnen gehört, welches aber nicht an "Unterbringungsgesetze", die eine Betreuung (inkl. Zwangspsychiatrisierung und Entmündigung) vorsehen, gekoppelt werden darf.
Solche Programme untergraben regelmäßig die Rechte der Betroffenen.
Sie und ihre Mitstreiter wehren sich energisch gegen die Form staatlicher Schuldumkehr ("Obdachlose haben einen Knacks und wenn der behoben ist, klappt es auch mit der Wohnung" - anstelle systemische Fehlstellungen, i.e. verweigerte Menschenrechte, anhand des Vorliegens von Obdachlosigkeit zu erkennen) und die Demonstration richtet sich auch gegen Sklaverei, welche zwar zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich hart ausfiel, aber auch im ach so zivilisierten Deutschland dem Grund nach vorliegt, solange Menschen für die Berechtigung, eine Unterkunft zu haben, sich zuvorderst einer Verwertungskette "freiwillig" unterwerfen müssen. Das Konzept der "Miete für den Erstwohnsitz", den man z.B. durch eine Zwangsräumung verlieren kann, ist in dieser Betrachtungsweise ebenfalls der Nachweis für die Besitzlosigkeit und damit den "Sklavenstatus" eines Menschen. Und zwar, weil der Mensch nur, wenn er gut dient mit seiner Arbeitskraft oder einem "Almosenstatus", an welchem sich andere bereichern oder ihr eigenes Sklavendasein erstrampeln, eine Wohnung "halten" kann.
Auch Wohneigentum, das im Falle irgendwelcher "Schulden" pfändbar und "wegnehmbar" ist, ist recht eigentlich kein Eigentum und auch kein Grundrechtsäquivalent, sondern nur im Falle einer "sauberen Weste" und beständiger Liquidität "gesellschaftlich zugelassener Besitz", damit man ja nicht auch nicht als etwas wohlhabenderer Mensch, mal so eben aus den Hamsterrädern aussteigen kann.
Oberseite: Grundrecht auf Wohnen/Wohnen ist ein Menschenrecht
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